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Wahl des englischen Erbrechts zur Umgehung des deutschen Pflichtteilsrechts verstößt gegen die "öffentliche Ordnung"

Die Europäische Erbrechtsverordnung (EUErbVO) trifft unter anderem Regelungen dazu, welches Erbrecht anwendbar ist, wenn ein Erbfall Auslandsberührung aufweist. Unter bestimmten Voraussetzungen kann eine Person das Erbrecht des Staates wählen, dem sie im Zeitpunkt der Rechtswahl oder im Zeitpunkt des Todes angehört. Zugleich ist aber geregelt, dass Vorschriften, die nach der EuErbVO einschlägig sind, nicht angewendet werden dürfen, wenn sie mit der öffentlichen Ordnung (ordre public) des Staates des angerufenen Gerichts offensichtlich unvereinbar sind.

Der Bundesgerichtshof (BGH) sah das vom Erblasser, einem britischen Staatsangehörigen, gewählte englische Erbrecht als mit den Regelungen des deutschen Pflichtteilsrechts nicht vereinbar an. Er kam folglich zum Ergebnis, dass für den Pflichtteilsanspruch deutsches Recht zur Anwendung kommt. Grund dafür ist, dass das deutsche Recht eine Garantie der bedarfsunabhängigen wirtschaftlichen Mindestbeteiligung der Kinder am Nachlass der Eltern vorsieht. Diese Garantie ist in der Verfassung in Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG (Garantie des Erbrechts) i. V. m. Art. 6 Abs. 1 GG (Schutz der Familie) verankert. Das englische Erbrecht sieht hingegen keinen solchen bedarfsunabhängigen Pflichtteilsanspruch vor.

Auch die weitere Voraussetzung des ordre public-Vorbehalts, der hinreichend starke räumliche Bezug zum angerufenen deutschen Gericht, lag im entschiedenen Fall vor, da der Nachlass eine in Deutschland belegene Immobilie umfasste und der Kläger, der Ansprüche aus den deutschen Normen zum Pflichtteilsrecht geltend machte, war deutscher Staatsangehöriger.

Unter diesen Voraussetzungen verstößt die Anwendung englischen Erbrechts im Hinblick auf Pflichtteilsansprüche gegen den deutschen ordre public. Englisches Erbrecht bleibt zwar anwendbar, für Pflichtteilsansprüche sind jedoch die deutschen Normen einschlägig.


Prof. Dr. Mario Henry Meuthen, Steuerberater

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